Lustig und lehrreich: Fabeln für Grundschüler
Seit 4 Jahre lese ich Fabeln an Grundschulen vor – Zeit für ein Fazit. Viele Grundschullehrer und Pädagogen sind Fabeln gegenüber eher skeptisch eingestellt und stellen sich folgende Fragen: Ist der Einsatz von Fabeln in der Grundschule sinnvoll und zeitgemäß? Was können Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren aus Fabeln lernen und sind Grundschüler überhaupt (geistig, emotional und sprachlich) dazu bereit, sich mit anspruchsvollen moralischen Inhalten auseinanderzusetzen? Aus meiner Erfahrung kann ich nur antworten: Ja. Ja. Viel – und ja. Im Folgenden möchte ich erklären, warum Fabeln für Kinder auch heute noch im Schulunterricht sinnvoll eingesetzt werden können.
1. Fabeln bieten Struktur
Fabeln sind sehr strukturiert aufgebaut: Eingangs werden die Hauptfiguren vorgestellt und die Ausgangssituation dargelegt. In der Actio wird die Handlung eingeleitet. In der Reactio folgt entsprechend die Reaktion, bevor die Fabel im Eventus ihren Höhepunkt erreicht. Die Lehre steht bei der Fabel entweder im Vorwort (Promythion) oder wie bei Reimix im Nachwort (Epimythion). Dieser rigide Aufbau ermöglicht es Grundschülern, sich schnell in der Erzählung zurechtzufinden. Grundschüler sind auf einfache Sätze angewiesen, aus denen Subjekt, Objekt und Prädikat klar hervorgehen. In der Fabel wird durch die Vorstellung der Handelnden und der Thematik ein klarer Rahmen vorgegeben, welcher den Schülern das Textverständnis enorm erleichtert.
2. Fabeln sind kurz und actiongeladen
Leseanfänger schrecken vor langen Texten oft zurück. Grundschul-Fabeln jedoch sind vom Textumfang sehr überschaubar. Eine Fabel, die kindgerecht geschrieben ist, wird von den jungen Studenten immer wieder gelesen. So prägen sich Grundschulgänger auch anspruchsvolle Redewendungen und Bedeutungen gut ein. Darüber hinaus gewährleistet die Konzentration auf einen wesentlichen und doch dramatischen Handlungsstrang, dass die Fabel genug „Action“ für die modernen Medienkonsumenten bietet. Gerade vor dem Hintergrund der kontinuierlich abnehmenden Aufmerksamkeitsspanne und des sinkenden Konzentrationsvermögens von Jugendlichen erscheint mir die kurze, fokussierte Fabel als geeignet für den Deutschunterricht in Grundschulen, aber auch Hauptschulen sowie in der Sprachförderung.
3. Fabeln fördern kritisches Denken
Nicht nur lesen, schreiben und rechnen soll in der Grundschule gelehrt werden. Noch wichtiger ist, dass Schüler lernen, ihren eigenen Kopf zu gebrauchen, zu reflektieren. Die Fabel ist geradezu prädestiniert, Reflektion zu fördern. Seit Äsop sind Fabeln von Tieren, Pflanzen und fantastischen Figuren bevölkert, die sich wie Menschen aufführen. Dieser Kunstgriff diente dem Dichter, versteckt Kritik an menschlichen Schwächen zu formulieren. Durch das Lesen von Tierfabeln lernen Grundschüler, Kritik von den Fabelwesen auf reale Konflikte und Personen zu übertragen. Spielerisch werden sie in der hohen Kunst der Assoziation und der Entschlüsselung von Metaphern geschult. Das Schöne: Der Leser einer Fabel muss die Kritik nicht auf sich selbst beziehen. Wer wird schon gern eines Besseren belehrt? Die Fabel ermöglicht Grundschülern Einsicht und Reflektion durch Übertragung von Symbolen und Empathie mit den Figuren.
4. Fabeln bieten moralische Orientierung
Wie kommt es, dass Lehrer und Eltern sich heutzutage kaum noch trauen, über Moral zu sprechen? Für Kinder ist die Unterscheidung von Gut und Böse eines der faszinierendsten Themen überhaupt! Kinder sind offen für alles – umso mehr benötigen sie Rollenvorbilder in einer zunehmend komplexen, unbeständigen Welt. Mit ihrem Fokus auf eine zentrale moralische Aussage bietet die Fabeln den Grundschülern eine einfache gestrickte soziale Rollenverteilung. Der langsame, dafür kluge Igel triumphiert über den schnellen, aber unbedachten Hasen. Im Sinnbild der Fabelwesen können die Grundschüler menschliche Charaktereigenschaften wie durch ein Vergrößerungsglas studieren. Damit prägt die Fabel für ein ganzes Leben: Ich kann mich noch gut erinnern, welch nachhaltigen Eindruck die Lektüre der Göthe-Fabel Reineke Fuchs bei mir hinterlassen hat, als ich noch zur Grundschule ging.
5. Fabeln machen Spaß
Eine kindgerechte Fabel ist nicht in erster Linie belehrend oder moralisierend, sondern unterhaltsam. Die Texte sind auch für Grundschüler leicht zugänglich. Die moralische Erkenntnis stärkt das Selbstbewusstsein und die Fantasie wird angeregt. Oft sind die Fabeln für Grundschüler mit plakativen Illustrationen untermalt. Bei Reimix gehe ich noch einen Schritt weiter, indem ich die Fabeln für Grundschulen in Reimen formuliere. Das Lesen dieser Mini-Fabeln dauert kaum länger als 1 bis 2 Minuten. Die Endreime schmeicheln dem Ohr und prägen sich (durch Wiederholung) schnell ein. Zusätzlich unterstützen lustige Comic-Illustrationen das Textverständnis und regen die Fantasie der ABC-Schützen an.
Was meinst du? Sind Fabeln in der Grundschule heute noch sinnvoll oder gibt es bessere Textformen, um das Textverständnis, das kritische Denken und die Fantasie von Kindern zu fördern?
Hi Weiss,
vielen Dank für deinen netten Kommentar.
LG Reimix
Hier Interessantes! 🙂